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Was ist eigentlich diese künstliche Intelligenz? Teil 3/3

Sinnvoller Einsatz?

Meine initiale Frage lautete:

Warum sollte man sich aus dem Agenturkontext heraus damit intensiv beschäftigen?

In den wenigsten Fällen müssen wir auf Bildern zwischen Hunden und Hotdogs unterscheiden können. Oder eine Katze von einer Maus unterscheiden lassen. Ein Spiel automatisch beherrschen und gewinnen? Eher weniger.

Es gibt Fälle, in denen ein trainiertes Modell zu Kategorisierung von Bildern sinnvoll ist. Eine Einsatzmöglichkeit ist Produktgruppen in einem Onlineshop mit neuen Schlagworten zu versehen, in dem man die Eigenschaften der Produkte anhand der Bilder erkennt. Dazu ein Beispiel:

Hat man viele Produkte mit breiten, schmalen und sehr schmalen Armbändern, kann ein Modell trainiert werden, dass genau diese unterscheidet. Je nachdem kann die Kategorie nachträglich eingetragen werden. Nur die Frage nach den notwendigen Trainingsdaten ist etwas komplexer. Man hat eventuell bereits einige Bänder, die man per Hand kategorisiert hat, doch wird diese Menge wahrscheinlich nicht reichen. Ein semi-legaler Lösungsweg kann sein, im Web bereits verschlagwortete Shops zu Crawlen und sich so ein Trainingsset aufbauen. Dieses Beispiel wurde bereits durch Firmen umgesetzt und ist kein konstruiertes Beispiel.

Abseits von Bildern gibt es in den Firmen weitere Daten, die mit maschinellem Lernen kategorisiert werden können. Publicis hat jüngst ihre KI Marcel für sich im Einsatz. Zusammen mit Microsoft haben sie einen Assistenten für viele Aufgaben entwickelt. Ein Einsatzzweck als Beispiel:

Sucht ein Mitarbeiter jemanden mit einem bestimmten Skillset, fragt er einfach Marcel und die KI ermittelt Vorschläge. Aber auch hier gilt: Wir brauchen Daten. In einer Agentur mit 90 Mitarbeitern ist es wahrscheinlich einfacher, einen einfachen Entscheidungsbaum mit If/Else zu implementieren.

Vor allem aber sollten Agenturen nicht neue Modelle und Fähigkeiten von Grund auf entwickeln. Es kann sinnvoll sein, Cognitive Services z. B. aus der Microsoft Azure Cloud zu benutzen, um Bilder mit Beschreibungen zu versehen. Man denke nur an die Zugänglichkeit (Accessibility) im Web und die vielen Tausend vergessenen alt– oder title-Attribute. Warum nicht automatisch nachtragen lassen. Das macht beispielsweise Facebook. Pinterest hat eine Bildersuche, die nach Ähnlichkeiten sucht und Gesichter erkennen und zuordnen ist nichts neues. Auch hier haben wir Deep Learning im alltäglichen Einsatz.

Die Services von Microsoft oder auch aus Amazons AWS bieten auch Spracherkennung, die in den eigenen Anwendungen genutzt werden können. Sprachanalysen in Bezug auf Tonalität sind ebenfalls möglich. Ich denke nicht, dass eine Agentur das selber entwickeln kann und sollte.

Wer eigene Modelle effizient trainieren möchte, kann ebenfalls auf Cloud-Dienste zurückgreifen. Amazons SageMaker bietet hierzu Services. Damit ist die entsprechende Rechenleistung auch nicht on premise vorzuhalten. Modelle können viel effizienter und schneller trainiert werden.

Es gibt vielfältige Einsatzzwecke, die wir evtl. noch nicht auf dem Radar haben. Vor allem bei Analysen von großen Datenmengen ist ML/DL ein Segen. Nie war es einfacher. Was aber auch dazu führt, dass die Datensammelwut immer weiter steigt.


KI, eine schöne neue, heile Welt?

Mitnichten! KI basierte Systeme sind noch ziemliches Neuland. Die Auswirkungen bringen immer wieder kuriose Dinge zutage.

Damit meine ich nicht nur die grandiosen Kaufempfehlungen von Amazon:

„Du hast gerade einen Kühlschrank gekauft? Prima, schau mal hier, ob du evtl. noch einen möchtest!“

Das Verrückte, an den angelernten Modellen ist, das wir eigentlich gar nicht detailliert wissen, was in den einzelnen Layern vor sich geht. Ein Mensch ist nicht in der Lage die Verknüpfungen im neuronalen Netz nachzuvollziehen. Stellen wir uns ein Bild mit 7×7 Pixel vor. Das hat bereits 49 Eingangsneuronen. Anschließend ist jedes Eingansneuron mit jedem Neuron im ersten Hidden Layer verknüpft. Mit eigenen Gewichtungen und Offsets. Schon hier bekommen wir Probleme, den ersten Layer nachzuvollziehen — bei 7×7 Pixel. Wie schaut das im 2, 3, oder gar 10 Layern aus? Und wie soll man ein Bild mit 1024×768 Pixel nachvollziehen? Wir verlassen uns auf ein unbekanntes Netzwerk. Autonomen Fahrzeugen vertrauen wir unser Leben an. Aber zur Entwarnung sei gesagt: Die schlimmsten Unfälle werden immer noch durch Menschenhand verursacht.

Versicherungen errechnen bereits aus vorliegenden Daten, wie hoch der Beitragssatz sein sollte. In China soll es einen Social Score geben. Je nachdem, was der Algorithmus aus den vorliegenden Daten errechnet, wird dein Score festgelegt. Drauf basieren auch Beitragssätze, Kreditwürdigkeit etc.. Was bei Black Mirror oder Qualityland noch Dystopie war, wird auf einemal Realität.

Partnerbörsen berechnen anhand von Modellen, wer die optimalen Partner sind. Was, wenn in 3 Jahren das verbesserte Modell plötzlich der Meinung ist, der ehemals beste Partner passt nicht und man schickt uns eine Mail mit der tollen Neuigkeit? Überlegen wir dann, ob das ggf. wirklich so ist? Wer hat nun recht? Natur oder Algorithmus?

Amazons Bewerber KI hat nach Medienberichten Frauen benachteiligt. Will man das? Oder etwa ein geplanter Algorithmus, der in Österreich Arbeitssuchende bewertet. Wie kann man der Bewertung entgegentreten, wenn man nicht die Stellschrauben kennt? Wichtiger: Muss man die Stellschrauben kennen?

Es gibt Initiativen in der Bundesregierung, die einen Algorithmen TÜV haben möchten. Was soll geprüft werden?

Das alles ist wahrscheinlich überspitzt. Dennoch sollte immer hinterfragt werden, worauf man sich einlässt. Wir werden viele Verbesserungen erfahren durch den Einsatz von AI (DL/ML). Sascha Lobo hat ein Szenario skizziert, bei dem die Maschine die „Intelligenz“ hat, eine Aufgabe zu erledigen. Somit können die Roboter sehr komplexe Fertigungsprozesse unterstützend für den Menschen durchführen. Die Arbeitswelt wird sich ändern. Ungelernte können bei den Prozessen weiterhin unterstützen und müssen nicht in der Arbeitslosigkeit enden. Es ist nicht alles schlecht und richtig eingesetzt ist es bereits heute eine große Erleichterung.

Was alle diese Algorithmen nicht haben, ist etwas, das uns Menschen fast einzigartig macht: Kreativität und den ständigen Drang zur Optimierung. Wie schnell die Maschinen auf diesen Gebieten erfolgreich werden, ist nicht vorhersagbar. Heute ist es so, das ein auf Hunde trainiertes Modell auch eben nur diese erkennen wird. Sonst nichts. Das macht Hoffnung. 😉


Teil 1 der Serie findest du hier.

Teil 2 der Serie findest du hier.


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Veröffentlicht in Wissenswertes

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