Wie viele Menschen in meiner Generation wurde ich über den Commodore 64 in Sachen Computer sozialisiert. Wirklich geprägt hat mich der Amiga. Mit ihm assoziiere ich eine innige Verbundenheit. Klingt pathetisch, ist aber so. Kein anderer Computer hat mir so viel Freude bereitet. Vom reinen Spielecomputer, hin zur ersten Programmiererfahrung, Mailboxbetrieb und schlussendlich das Internet. All das habe ich mit und auf meinen Amigas kennengelernt.
Meine Einstiegsdroge war natürlich ein Amiga 500, inkl. 1 MB Speichererweiterung. Wie viele Stunden ich vor Ports of Call verbracht habe, ist unbekannt. Später kamen epische Fußballmatches in Kick Off 2 dazu. Wie bereits für den C64 war die Beschaffung von neuer Software einfach und Originale eher rar gesät. Mit AMOS, Blitz Basic und AREXX habe ich erste Programmiererfahrungen gesammelt.
Die weite Welt
Später kam ein Modem dazu. 2400 Baud, mit Post-Zulassung. Das war lahm. Sehr lahm. Aber aufregend. Mit anderen Rechnern per Telefon verbinden und neue Software herunterladen? Krass. Im ersten Schritt noch Public Domain. Später kamen Raubkopien dazu. Die Modems wurden schneller. Über 14.4er bis hin zu 19.2er. Ihr wisst, was ich meine.
Schlussendlich hatte ich ein US Robotics Dual Standard in meinem Zimmer stehen, dazu ein Zyxel Modem. Daran hing mein Amiga 2000 mit eigener Mailbox. Zwei Leitungen! Die sündhaft teure Festplatte mit anfangs 40 MB erschien mir gigantisch, am Ende waren es 200 MB. Meine Mailbox wurde schnell zu einem sogenannten Pirate-Board. German HQ hier, European HQ da. Die Mailbox wurde bekannter. Nacht für Nacht kam neue 0-Dayz Software einfach so zu mir. Die Sache mit dem Phreaking und den Dialern, ist eine andere Story.
Pack dein Zeug weg
Irgendwann ein Anruf: „Sie haben mich gestern hochgenommen. Pack dein Zeug weg“. Wieselflink alles verpackt, in Kisten gestopft und bei Oma und Freunden verteilt. Besucht hat mich niemand. Glück gehabt. Noch Jahrzehnte später habe ich Kisten voll mit Disketten bei meiner mittlerweile verstorbenen Großmutter gefunden.
Ende der 90er kam das Internet auch bei mir an. Meine (mittlerweile legale) Mailbox wurde ein Knotenpunkt im Z-Netz und Fido-Netz. Mails über die ganze Welt schicken – dauerte zwar ein Tag – ging aber. Spannend.
This is the Internet
Mailboxen starben immer weiter aus und diese Browser wurden modern. Natürlich gab es die auch für den Amiga. Mein Amiga 1200, standesgemäß mit Blizzard 68030 Karte ausgerüstet, kam langsam an seine Grenzen. Es folgte der beinahe unumgängliche Umstieg auf Windows 95. Lange habe ich mich geweigert, aber das Ende vom Amiga war nicht mehr aufzuhalten. Die Hardware konnte nicht mehr Schritt halten.
Auch wenn ein Mac schon sehr nah an die Erfahrung mit dem Amiga reicht, hat es bisher kein anderes System geschafft, mich so in seinen Bann zu ziehen. Der Computer war brillant konzipiert und hatte eine so gute Benutzerführung. Da wirkte Windows zunächst wirklich armselig.
Warum das so ist und was den Amiga ausgemacht hat, erklärt das Video Why Amiga was so great von Dave Poo wunderbar. Und wer wissen will, wie es zum Amiga selbst kam, sollte sich die Doku Die Amiga Story unbedingt ansehen.
Noch heute denke ich gerne an die Demos, Spiele und vor allem die Zeit mit Freunden vor dem Gerät. Das war toll!
Amiga was my first love!
Photo by Bill Bertram – Own work, CC BY-SA 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=547183
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