Und, wie war die Woche? #39
Seitdem ich mit Computern in Kontakt kam, habe ich mich mehr oder weniger intensiv mit der Programmierung derer beschäftigt. Anfangs mit BASIC auf dem VC-20 und C64. Später auf dem Amiga waren es diverse BASIC-Dialekte, wie Blitz Basic, Amos, aber auch Skriptsprachen wie Arexx. Nach dem Wechsel zu PC war es Perl, PHP, C/C++ und zuletzt Javascript und Python.
Alle diese Sprachen und Systeme hatten eine relativ steile Lernkurve. Paradigmen der Entwicklung mussten verstanden und gelernt werden. Dicke Bücher gewälzt, um die Herausforderungen lösen zu können. Entwickler waren Experten, die eine für andere Menschen nicht verständliche Tätigkeit ausführen. Klar, denn man war ja einer, der diese Anwendungen herstellen konnte, die alle nutzten und „liebten“. Es gab diesen Kreis der Wissenden, und die, die es nur nutzen, aber das waren ohnehin alles nur DAUs (Dümmster anzunehmender User).
In der letzten Woche wollte ich eine kleine Idee, bzw. eigentlich nur ein überschaubares Excelsheet mit Fragen und einer Auswertung, in eine kleine Web-Applikation überführen. Damals™ hätte ich das Framework meiner Wahl herausgesucht, einen Editor geöffnet und mich Zeile für Zeile an die Umsetzung gemacht. Sorgfältig handgearbeitete Code-Zeilen. Gebaut mit einer Vielzahl von anderen Tools, die ich mühevoll in Tutorials zusammengesucht und zum Laufen gebracht hätte. Schließlich bin ich der Experte und weiß genau, wie das geht. Alle anderen müssen mich als Experten fragen, wenn sie das machen wollen!
Diesmal war es anders. Ich habe alle meine Ideen und Anforderungen in einer Textdatei zusammengefasst und möglichst einfach formuliert. Damit habe ich höflich bei ChatGPT angefragt, dass ich eine auf Next.js basierte Applikation benötige. Da ich nach all den Jahren auch vergessen habe, wie man die Umgebung auf dem Rechner lauffähig aufsetzt, sollte mir die KI das doch auch kurz erläutern.
Nach nicht mal 30 Minuten hatte ich eine lauffähige und funktionierende Applikation, sauber nach Komponenten getrennt. Ein auftretender Laufzeitfehler wurde von ChatGPT schnell gefixt, inkl. der Erklärung, warum das passiert ist. Früher hätte das mindestens 2-6h gedauert.
Wenn ich darüber nachdenke, welchen Aufwand ich damals hatte, eine solche einfache Anwendung schnell zu erstellen, wächst die Erkenntnis, dass Softwareentwicklung eines der Tätigkeitsfelder wird, die von KI großteils aufgefressen wird. Jeder, der ordentliche Anforderungen formulieren kann, kann jetzt seine Ideen in Code generieren lassen. Dabei betrachte ich bisher nicht mal die No– oder Low-Code-Tools. Aus meiner Sicht wird sich die Erstellung von Software fundamental ändern. Die Iteration über Ideen und die Erstellung von MVPs: Es werden ganz viele innovative Dinge entstehen, weil eine breite Gruppe von Menschen Zugriff auf diese bisher fast schon elitäre Technologie/Wissen (Softwareentwicklung) haben. Schlimmer noch: Das Detailwissen ist nicht mehr notwendig!
Ich rede hier nicht von komplexen Anwendungen und verteilten Systemen. Bis jetzt nicht. Dafür benötigt man natürlich noch den Meister und Dienstleister. Es wird weiterhin Architekturen benötigen. Es geht mir mehr um den Zugang, die Möglichkeit etwas selbst zu testen, kleine Applikationen am Markt zu testen oder auch für den Eigengebrauch kleine Helferlein zu erstellen. Hier findet eine Transformation statt, die viele Softwareentwickler aus meiner Erfahrung heraus nicht auf dem Schirm haben.
Oft wird gefragt, welche Berufe sich aufgrund von KI zukünftig sehr wandeln werden. Das würde ich klar mit dem Softwareentwickler beantworten.
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